Die Geschichte des Berges und der Raubritter

 

Es war um das Jahr 1256. In den fast unberührten Wäldern um den Oybin jagten die Mannen eines gewissen Qualo von Leipa einen Bären. Der Bär flüchtete in seiner höchsten Not auf den schwer besteigbaren Oybin. Dies hinderte jedoch die Jäger keineswegs ihm zu folgen. Auf dem Gipfel des Berges erlegten Sie dann denn Bären.
Nach dieser alten Überlieferung waren also Qualos Männer die ersten, die nach vielen Jahrhunderten den Oybin wieder entdeckten. Man hat in den vergangenen Jahren Spuren menschlicher Siedlungen aus vorhistorischer Zeit am Oybin gefunden und konnte sich dadurch ein Bild von den Lebensgewohnheiten der "ersten Oybiner" machen. Man kann hier auch in gewissem Sinne von einer Geschichte des Berges sprechen. Diese Geschichte reißt leider kurz nach der Zeitenwende ab. Der Oybin verfällt der Vergessenheit. Kein Wunder, überzog doch ein dichter, undurchdringlicher Wald die Gegend. Zwischen Böhmisch - Leipa und Zittau wie auch zwischen Deutsch - Gabel und Zittau finden sich keine Spuren einer größeren menschlichen Niederlassung. In den Wald gehauene Schneisen deuten Straßen an, die sicherlich nur in der wärmeren Jahreszeit benutzt werden konnten, und auch dann nur mit äußerster Vorsicht; denn in den Wäldern hausten Bären, Luchse und Wölfe und auf den Höhen nisteten Adler. Die Jäger fanden hier ein lohnendes Gefilde, wovon auch in einer der ältesten Chroniken Zittaus Johann von Guben berichtet.
Nach dieser Chronik gehörte dem Herrn von Leipa das Gebirge zwischen Zittau und Leipa und dieser Herr soll sich auf Anregung seiner Bärenjäger entschlossen haben, ein Haus auf dem Oybin zu bauen.
Die Herkunft des Namens Oybin steht heute noch nicht endgültig fest. Die ersten Schreibweisen waren "Moibin" und "Oywin", später schrieb Guben "Moyben". Über die Schreibarten "Owben" und "Oyben" entstand der Name Oybin.

Bei dem ersten Bau, den Qualo von Leipa ausführen ließ, handelt es sich um einen dürftigen Fachwerkbau aus Lehm, der, da er keiner besonderen Pflege für würdig gehalten wurde, bald wieder verfiel. Dafür baute Otto von Lossow, ein brandenburgischer Ritter, dessen Geschlecht damals Herr von Zittau war, eine feste Burg auf dem Oybin. Die Landbevölkerung wurde hierbei erstmalig zu schweren Frondiensten angetrieben. Die brandenburgische Besatzung richtete sich die Burg als Raubritternest ein und unternahm von ihr aus schändliche Raubzüge, deren Opfer größtenteils Zittauer Kaufleute und Handwerker waren. Verständlicherweise waren die Zittauer über die Raubritter bald aufs äußerste erbittert. Voll Grimm zogen sie im Jahre 1281 vor das Raubnest und zerstörten es so gründlich, dass kein Stein mehr auf dem anderen blieb. (alte obere Burg)

Dreißig Jahre später saß ein neuer Burgherr auf dem Oybin: Heinrich von Leipa, der Sohn des Qualo. Dieser Heinrich von Leipa hätte der größte Mann Böhmens seiner Zeit sein können, hätte sich nicht sein strenges Nationalbewusstsein mit einer unersättlichen Gier nach Macht und Ehre gepaart. Er wurde 1305, nachdem er sich große Verdienste als Oberlandschreiber von Böhmen erworben hatte, Lehnsherr von Zittau. Am 22.Juli 1310 wurde ihm auf dem Fürstensteg das Land Zittau als erblicher Besitz zugesprochen. Er besaß alle Rechte und Pflichten eines Landvogtes und als Landrichter war er Inhaber der vollziehenden Gewalt. Auf der Burg Oybin, deren Bau 1312 begonnen wurde, hatte Leipa zwei Ritter eingesetzt, die sich bald die Lossows zum Vorbild nahmen, Wanderer überfielen und Kaufleute ausplünderten.
Im Jahre 1319 wurde Heinrich von Leipa von dem König von Böhmen gezwungen das Land Zittau gegen Besitzungen in Mähren einzutauschen. Das neue Lehen übergab der böhmische König seinem Schwager, Herzog Johann von Jauer-Münsterberg, als Mitgift für seine Schwester Beatrice. Nach dem Tod dieses Schwagers fiel das Land Zittau wieder an Böhmen zurück.

Man wird sich fragen, welche Bedeutung der Burg Oybin inmitten eines weitreichenden Waldes überhaupt zukam. Seit dem frühen Mittelalter führte eine einzige Straße von Prag über Böhmisch - Leipa nach Zittau. Die Burg Oybin sollte zum Schutz dieser Handelsstraße dienen; der Burgbesatzung kam es zu, die Handelswagen der Prager Kaufleute sicher durch den einsamen Wald zu geleiten und sie vor wilden Getier und räuberischen Überfällen zu schützen. Wie wir aus dem Vorhergehenden ersehen konnten, lag jedoch den Burgherren an dieser Pflicht soviel, dass man sie ins Gegenteil kehrte, die Kaufmannszüge ausplünderte oder die Kaufleute ins Burgverließ steckte, um in den Besitz eines hohen Lösegeldes zu kommen. Wenn die Steine des verfallenen Turmes sprechen könnten, würden sie über Qualen, Ängste und Nöte der einstmals darin gefangenen Handelsleute sprechen, wohl auch über Gelage, die die Raubritter nach ihren geglückten Raubzügen auf der Burg veranstalteten.
Auch unter dem neuen Herren, dem Herzog Heinrich von Jauer- Münsterberg, änderten sich die Verhältnisse nicht. Endlich nahm sich Karl  IV., deutscher Kaiser und König von Böhmen dieser Angelegenheit an. Zwischen 1346 und 1348 nahm er das Raubnest ein. Es ist nicht geklärt ob es seiner Autorität, seiner Kriegskunst oder einer List zuzuschreiben ist, dass die Burg unbeschädigt in seine Hände fiel. Fortan lag eine Zittauer Besatzung auf der Burg, Ruhe und Ordnung waren wieder hergestellt. Mittlerweile war auch der "Oberlausitzer Sechsstädtebund" so stark geworden, dass den adligen Raubrittern alle Lust zu Räubereien verging.
1364 befahl Karl IV. den Zittauern, auf der Nordseite des Berges ein Haus zu bauen. Diese Gebäude, heute unter dem Namen "Kaiserhaus" bekannt, sollte ihm persönlich zur Verfügung stehen. Die Ansichten der Chronisten über den Zweck, den Karl IV. damit befolgte, gehen weit auseinander. Der eine sagt, Karl IV. hätte sich hier einen Alterssitz bauen wollen, der andere glaubt, der Kaiser, der Oybin besonders ins Herz geschlossen hatte, wollte hier seine Urlaubstage verbringen. Beide Ansichten sind jedoch nicht belegt.

 

(Quelle: Geschichte des Berges und des Ortes Oybin)